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Blickt man auf die Zahlen des gerade beginnenden Ausbildungsjahres, so verwundern einige Daten: Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen in Deutschland lag im vergangenen Jahr laut einer Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit lag 2023 bei rund 35 Prozent aller Ausbildungsplätze. 2010 seien es noch 15 Prozent gewesen, heißt es. Den vielen unbesetzten Ausbildungsstellen stehen auch viele unversorgte Bewerber:innen gegenüber. Jetzt könnte man ja meinen, das eine Problem ließe sich mit dem anderen lösen – doch so einfach ist das nicht.

Schauen wir konkret auf das laufende Jahr in den Unternehmen: Im Beratungsjahr 2023/24 (Oktober 2023 bis Juli 2024) wurden weniger Ausbildungsstellen gemeldet als im Vorjahr (-4%), während die Bewerberzahl um 3% gestiegen ist. Trotz dieser Trends gibt es weiterhin mehr Ausbildungsstellen als Bewerber. Insgesamt wurden 492.000 Berufsausbildungsstellen gemeldet, darunter 488.000 betriebliche Stellen. Dies ist ein Rückgang von 4% im Vergleich zum Vorjahr. Im Juli 2024 waren davon 204.000 betriebliche Ausbildungsstellen unbesetzt, was einem Rückgang um 10% gegenüber dem Vorjahr entspricht. Besonders stark betroffen sind Berufe im Lebensmittelbereich, Baugewerbe, Gastronomie und Logistik. Am häufigsten wurden hingegen Stellen für Kaufleute im Einzelhandel, Verkäufer, Kaufleute für Büromanagement und Fachkräfte für Lagerlogistik gemeldet – das sind auch aus meiner Wahrnehmung die beliebtesten Berufe.

Dem gegenüber steht die Bewerberlage: Insgesamt wurden 402.000 Bewerber:innen gemeldet, eine Zunahme um 10.000 gegenüber dem Vorjahr. Neben Schulabgänger:innen gibt es Altbewerber:innen, Studienabbrecher:innen sowie geflüchtete Menschen. Insgesamt haben 143.000 Bewerber:innen eine Ausbildungsstelle gefunden, was dem Vorjahresniveau entspricht. Der Anteil der Bewerber:innen, die erfolgreich eine Ausbildungsstelle gefunden haben, liegt bei 35%. Dies ist leicht niedriger als im Vorjahr (36%) und deutlich unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie. Im Juli 2024 waren 121.000 Bewerber;innen weiterhin unversorgt. Diese Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 5.000 Personen gestiegen (+4%). Prozentual betrachtet sind wie im Vorjahr etwa 30% der gemeldeten Bewerber:innen noch ohne Ausbildungsplatz und ohne Alternative. Vor 2020 lag dieser Anteil noch niedriger.

Neben den unversorgten Bewerber:innen gibt es weitere 36.000 junge Menschen, die zwar noch nach einer Ausbildungsstelle suchen, aber bereits eine Alternative in Betracht ziehen (z.B. Schulbesuch, Studium, Freiwilligendienst). Diese Gruppe ist im Vergleich zum Vorjahr um 9% gewachsen. Sie hätten die Möglichkeit, ihre Alternative zugunsten einer Ausbildungsstelle aufzugeben oder zu beenden. Zusammen mit den unversorgten Bewerbern waren im Juli 2024 noch insgesamt 157.000 Bewerber auf Ausbildungssuche, was einem Anstieg um 8.000 Personen (+5%) im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Spannend sind noch die regionalen Unterschiede: Rückgänge bei den gemeldeten Ausbildungsstellen wurden in den meisten Bundesländern festgestellt, insbesondere im Saarland, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Nur in Berlin und Hamburg wurden mehr Ausbildungsstellen gemeldet. In zehn Bundesländern ist aber gleichzeitig die Zahl der unversorgten Bewerber:innen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, insbesondere in Hamburg, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Hier sehen wir also regionale Besonderheiten, gut abzulesen am Beispiel Schleswig-Holstein: Die Zahl der gemeldeten Stellen sinkt, möglicherweise aus der Erfahrung heraus, dass Stellen sowieso nicht besetzt werden können, oder durch Betriebe, die sich verkleinert haben oder verschwunden sind. Gleichzeitig gibt es aber eine größere Masse an Bewerber:innen, die auf den verkleinerten Markt treffen. Bedeutet – es findet eine räumliche Umorientierung in andere Märkte statt, zum Beispiel nach Hamburg, wo es ja ein Plus an Stellen gibt. Allerdings steigt auch hier die Nachfrage, derweil Interessenten aus dem Nachbar-Bundesland auf den Markt kommen. bedeutet: Auch hier kommt es wieder zu einer Knappheit.

Das gilt aber natürlich nur bezogen auf die beliebten Berufe. Und hier zeigt sich schon das Hauptproblem des Ausbildungsmarktes aus meiner Sicht: Die beliebten Berufe sind überlaufen, die unbeliebten, die sogenannten Orchideenfächer, bleiben frei. ‚Unbeliebt‘ gilt es meiner Ansicht nach aber einmal genauer zu überprüfen – was macht diese Berufe so unattraktiv? Ich glaube ja, dass viele Berufe einfach unbekannt sind und deswegen gar nicht auf dem Radar der Bewerber:innen auftauchen. Dabei liegt gerade hier Potenzial, vor allem, wenn es Berufe sind, die den beliebten Jobs sehr ähnlich sind. Da lohnt sich aus meiner Sicht oft der Umweg, um später mit einer Weiterbildung oder Spezialisierung doch noch in den Wunschjob zu kommen – möglicherweise mit einer Gesamtqualifikation, die attraktiver ist.

Für mich bedeutet das aber auch ganz klar, dass Unternehmen aktiv werden müssen, um am Image ihrer Jobs zu arbeiten. Wir merken das auch im technischen Service: Nicht umsonst arbeiten wir mit unserer #servicefans Kampagne intensiv daran, dem Service den Stellenwert zu geben, den er verdient. Das ist dann auch ein Jobthema: Kann ich die Vorzüge eines Berufs herausstellen und gelingt es mir, dies überzeugend darzustellen, gewinne ich auch wieder Personal – und vor allem den Nachwuchs, der die Zukunft meines Unternehmens oder meiner Service-organisation bedeuten kann.

Wie das gelingen kann, werden wir auf dem KVD Service Congress 2024 (LINK) am 6. und 7. November 2024 in Essen erarbeiten. Klar ist für mich heute schon: Unternehmen und Personalabteilungen müssen sich breit aufstellen mit einem attraktiven Mix an Stellenbeschreibungen und Leistungen, die das Interesse potenzieller Bewerber:innen treffen. das können spannende Projekte sein, das Übertragen von Verantwortung, finanzielle Anreize und vieles mehr. Es gibt da sicher nicht die eine Lösung, es kommt auf den Querschnitt an. Daran müssen wir alle arbeiten, um Jobs im Service wieder attraktiv zu machen.

Autor: Carsten Neugrodda, KVD Geschäftsführer

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