Die Pandemie hat viele Aspekte des Arbeitslebens nachhaltig verändert – dazu gehört auch die Bereitschaft zu Dienstreisen. Während Geschäftsreisen vor 2020 in vielen Unternehmen zum Alltag gehörten, hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel abgezeichnet. Die Digitalisierung, veränderte Arbeitskulturen und neue Prioritäten der Arbeitnehmer haben die Geschäftsreisegewohnheiten in Deutschland nachhaltig geprägt. Auch bei mir hat sich eine veränderte Haltung gezeigt – war es früher spannend, viele Termine direkt wahrzunehmen, selektiere ich heute und versuche, Termine möglichst effizient zu gestalten.
Der Rückgang klassischer Dienstreisen
Was lässt sich seit Corona beobachten? Laut einer Studie des Deutschen Reiseverbands (DRV) sind die Zahlen für Geschäftsreisen seit Corona drastisch gesunken. Vor der Pandemie war es in vielen Unternehmen selbstverständlich, für Meetings, Kundentermine oder Konferenzen zu reisen. Heute wird kritischer hinterfragt, ob eine Reise wirklich notwendig ist. Viele Unternehmen haben festgestellt, dass zahlreiche Termine auch virtuell abgehalten werden können, ohne dass die Effizienz leidet. Insbesondere Kurztrips, die früher häufig für persönliche Gespräche angesetzt wurden, sind stark zurückgegangen. Die Zahl der Geschäftsreisen in Deutschland steigt zwar wieder an, liegt aber mit 117 Millionen im Jahr 2024 noch etwa 40% unter dem Niveau von 2019, wie der Verband Deutsches Reisemanagement e.V. (VDR) ermittelt hat.
Die zunehmende Akzeptanz und Weiterentwicklung digitaler Kommunikationsmittel wie Videokonferenzen oder kollaborativer Plattformen haben eine neue Arbeitsweise etabliert. Tools wie Zoom, Microsoft Teams oder Webex ermöglichen Meetings ohne den Aufwand einer Anreise. Das spart nicht nur Kosten, sondern auch Zeit und Ressourcen. Für viele Unternehmen ist dies mittlerweile der bevorzugte Weg, um Geschäftsbeziehungen zu pflegen.
Ein weiterer Faktor, der die Reisebereitschaft beeinflusst, ist das gestiegene Umweltbewusstsein. Unternehmen setzen zunehmend auf Nachhaltigkeit und versuchen, ihren CO₂-Fußabdruck zu reduzieren. Geschäftsreisen werden daher immer stärker nach ökologischen Kriterien bewertet: Muss der Flug wirklich sein, oder reicht eine Bahnfahrt? Ist eine physische Präsenz notwendig, oder kann das Treffen digital stattfinden? Da geht es auch um Vorgaben wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Diese Fragen sind heute fester Bestandteil der Entscheidungsprozesse in vielen Unternehmen.
Auch ein Trend: „Bleisure“-Reisen nehmen zu: 31% der deutschen Reisenden planen 2025 mindestens einen internationalen Workation-Aufenthalt, wie es im Travel Trend Report 2025 heißt. Und 33% erwarten, mindestens eine Workation innerhalb Deutschlands zu unternehmen.
Im KVD merken wir das an der Gestaltung unserer Veranstaltung. Durch die Digitalisierung und das veränderte Konsumverhalten der Mitglieder gestalten wir heute viele unterschiedliche, mitunter vor allem auch digitale Formate. Und wen’s in Präsenz stattfindet, dann haben wir immer einen Kooperationspartner wie die deutsche Bahn an Bord, der klimaneutrales Anreisen ermöglicht.
Neue Anforderungen und Erwartungen der Arbeitnehmer
Für mich gibt es noch einen weiteren Aspekt: Die Pandemie hat die Einstellung vieler Arbeitnehmer zu Geschäftsreisen verändert. Während einige Angestellte froh sind, wieder unterwegs sein zu können, legen viele mehr Wert auf eine bessere Work-Life-Balance und möchten weniger Zeit mit Reisen verbringen. Gerade die Generationen Y und Z schätzen flexible Arbeitsmodelle und fragen sich, ob ständige Geschäftsreisen noch zeitgemäß sind. Arbeitgeber müssen darauf reagieren und neue, hybride Modelle entwickeln, die sowohl den Unternehmensinteressen als auch den Bedürfnissen der Mitarbeiter gerecht werden. Ein Trend: Die durchschnittliche Reisedauer steigt auf 2,6 Tage, da Geschäftsreisende mehrere Termine bündeln und längere, effizientere Reisen bevorzugen, wie es beim VDR heißt.
Klar, die Geschäftsreise ist nicht tot – aber sie hat sich verändert. Unternehmen wägen heute genauer ab, wann und warum eine Dienstreise sinnvoll ist – oder auch die Teilnahme an einer Netzwerk-Veranstaltung. Digitalisierung, Nachhaltigkeit und veränderte Mitarbeitererwartungen haben dazu geführt, dass weniger, aber gezielter gereist wird. Statt vieler kleiner Meetings vor Ort gibt es nun mehr digitale Alternativen, während strategisch wichtige Treffen nach wie vor persönlich stattfinden. Diese neue Normalität der Dienstreisen wird Unternehmen langfristig prägen – und ist eine Chance, effizienter und nachhaltiger zu arbeiten.
Autorin: Alexandra Engeln, Leitung Marketing & Kommunikation