Big Data Analytics, Künstliche Intelligenz, und Quantencomputing, aber auch Wertewandel und Nachhaltigkeit – die Basis und die Bandbreite an neuen Jobs in Sachen Services sind in den letzten Jahren enorm gestiegen. Was genau sind die Jobs von morgen? Und wie identifizieren Service-Organisationen ihren Bedarf und bereiten sich auf diese Veränderungen vor? In einer Reihe gibt unsere Serv iceToday-Redaktion über verschiedene Berufsporträts einen Ausblick auf die Jobprofile im Service der Zukunft. Heute geht es um den Startup-Berater.
Startups versuchen oft, mit ihrer Geschäftsidee die Welt aus den Angeln zu heben. Zwar mag die Idee an sich stimmen – doch damit aus einem Startup auch tatsächlich ein erfolgreiches Unternehmen wird, hängt von vielen Faktoren ab. Kaum steht das geistige Kind auf den Beinen, muss es erstmal laufen lernen, denn viele Punkte werden im anfänglichen Gründungselan oft nicht bedacht. Ein Fall für Startup–Berater:innen. Der nachfolgend geschilderte Fall ist gar nicht so selten: Ein Team von Startup-Gründern hat eine starke Geschäftsidee und will ein neues Unternehmen erfolgreich in den Markt bringen. Der Businessplan wurde abgesegnet, der Gründungszuschuss erfolgt, es kann losgehen. Alle Gründer:innen im Team sind zu gleichen Teilen daran beteiligt, jeder fühlt sich als Chef. „Aber genau das kann das Problem sein“, sagt Christoph Rammé, Inhaber der Beratungsagentur Consocium. Finden sich mehrere Gründer:innen zu einem Team zusammen, sei die Rollenverteilung im frühen Stadium nicht immer klar. Oft führe das zu einem Verlust von Schlagkräftigkeit im Markt. Das Hinzuziehen eines externen Beraters mache deswegen Sinn – denn die Gründer:innen selbst sind in der Regel so beseelt von ihrem Vorhaben, dass selbstverständliche Fragen gerne mal unter den Tisch fallen oder eher nachrangig behandelt werden, obwohl sie gestellt und geklärt werden müssen.
Startup-Berater:innen gehen dann mit den Gründern in Klausur und versuchen erstmal zu erfahren, wer von den Gründern eigentlich tatsächlich der Chef ist. Gehen dann alle Arme in die Höhe, gibt es ein Problem. In diesem Fall muss ein Berater erst einmal schauen, ob die Organisationsstruktur einer Startup-Gründung im Sinne eines marktfähigen Unternehmen zielführend ist oder nicht. Vielleicht reicht es ja schon aus, wenn sich jeder der Gründer:innen auf einen eigenen Bereich versteift und einerseits weitreichende Kompetenzen übernimmt, andererseits aber auch weitreichende Kompetenzen abgibt. Und dann stellt sich mitunter heraus, dass „am Ende nicht jeder perfekt in die von ihm angedachte Rolle passt“, sagt Rammé. Damit es auch mit der neuen Aufgabenverteilung funktioniert, versuchen Berater:innen in Analyserunden, die jeweiligen Skills der Günder:innen auszuloten und ihnen zur Not „Hausaufgaben“ mitzugeben, über die sie sich auf den notwendigen Stand für ihren Aufgabenbereich bringen können.
Strukturen hinterfragen
Dies zeigt auch auf, dass externe Berater:innen vor allem eines können muss: Die Organisationsstruktur hinterfragen und mitunter das ganze Gründungskonzept optimieren – immer auch mit einer ordentlichen Portion Menschenkenntnis und Empathie, aber ebenso mit einem breiten Kreuz. Welcher Gründer wird schon gerne damit konfrontiert, dass sein geistiges Kind nicht komplett durchdacht ist? Das kann weh tun – ist aber mitunter notwendig. Ein anderer Bereich, für den eine externe Expertise mehr als notwendig ist, kommt beim Umgang mit großen Konzernen oder Shareholdern ins Spiel. Schließlich kooperieren Startups oft mit größeren Unternehmen oder Konzernen, die ihre Produkte vertreiben oder nutzen sollen. Und die haben durchaus andere Anforderungen und Ansprüche als ein kleines 4-Mann-Startup. In diesen Fällen ist ein Berater hilfreich, der auch die Konzerndenke beherrscht. Er weiß, wie das Konzept der Bank oder den Beteiligungsunternehmen zu präsentieren ist, und bereitet die Gründer:innen auf die typischen Fragen vor. Es gibt noch zahlreiche weitere Aufgaben, die an externe Berater:innen für Startups gestellt werden. Sie müssen eine entsprechende Marktkenntnis mitbringen und nicht nur die Chancen der Dienstleistung oder des Produktes auf dem Markt, sondern auch den Nutzwert für die Kunden abschätzen können. Sie müssen unternehmerisch agieren und mitdenken, wie später alle Abteilungen zusammenwirken. Und sie müssen Bereiche berücksichtigen, die vielleicht von den Gründern bislang nicht bedacht wurden, wie beispielsweise die Implementierung eines Customer-Relationship-Management-Systems oder eine operative Entwicklung einer Vertriebsstrategie und -steuerung. Insofern ist das Aufgabenprofil eines externen Startup-Beraters sehr umfangreich und groß. Wer in diesem Bereich tätig werden will, sollte definitiv ein abgeschlossenes Studium mitbringen. Zwar macht ein wirtschaftswissenschaftliches Studium wie Betriebswirtschaftslehre oder Volkswirtschaftslehrer durchaus Sinn und wird von den großen Beratungsagenturen am Markt auch vorausgesetzt. „Ob McKinsey, Roland Berger, oder die ganzen anderen großen Beratungsunternehmen – im Endeffekt rekrutieren die immer Universitätsabsolventen für den Beratungsbereich“, weiß Rammé, der nach seinem BWL-Studium in Leipzig und Hong Kong jahrelang als Strategieberater vornehmlich für Klienten aus dem Gesundheitswesen und der Pharma Branche tätig war. Weitere benötigte Fähigkeiten ergeben sich aus der Branche der jeweils zu beratenden Startups. Geht es um ein Startup aus dem Bereich der Informationstechnologie, sollte ein entsprechendes IT-Wissen vorhanden sein. Handelt es sich um ein Startup aus dem Pharma-Segment oder medizinischen Bereich, braucht es Wissen aus diesen Branchen. Es reicht aber auch aus, dass externe Berater:innen wissen, wo sie sich weitere branchenspezifische Hilfe holen können. Startup-Beratung funktioniert oftmals in Teams, in denen externe Berater:innen zwar die Fäden in der Hand halten und alle Prozesse steuern, aber muss nicht alles auf Anhieb wissen. Versucht man, als Startup-Berater:innen bei größeren Beratungsunternehmen unterzukommen, regelt sich das oftmals von selbst. Rammé ist das beste Beispiel: „Ein paar Jahre war ich da als Generalist unterwegs und habe branchen- und themenübergreifend gearbeitet“, erinnert er sich. In diesen Häusern gibt es allerdings auch zahlreiche Praxisgruppen, in denen man für eine optimale Beratung auf die Notwendigkeiten und speziellen Anforderungen einer jeweiligen Branche trainiert wird. „In meinem Fall war das der Bereich Healthcare“, sagt Rammé. Dann komme die Spezialisierung quasi ganz von alleine. Neben diesen individuellen Fähigkeiten braucht es definitiv einige Soft Skills, die jeder mitbringen sollte. Ein gerüttelt Maß an Menschenkenntnis und Empathie gehört ebenso dazu wie Durchsetzungsvermögen und ein breites Kreuz. Denn, wie eingangs erwähnt, nicht jedes Gründer:innen-Team kommt damit zurecht, dass externe Berater:innen ihr anfängliches Konzept zerpflücken und optimieren. Logisches Denken gehört ebenfalls zu den Grundvoraussetzungen – und zudem ist es sinnvoll, wenn Berater:innen selber mal erfolgreich ein Unternehmen gegründet haben und sich dadurch ideal in die Haut seiner Klienten hineinversetzen können.
Auch Kommunikationsvermögen ist eine wichtige Eigenschaft, schließlich muss man nicht nur mit den Gründern auf Augenhöhe parlieren, sondern auch mit Stakeholdern, Unternehmen und Banken. Wer diese Fähigkeiten mitbringt oder sie sich aneignet, wird auch in der Lage sein, ein Startup bei seinem Weg in den Markt zielführend zu beraten.
/ KVD SERVICENEWS
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